Basiswissen: Auszubildende professionell beurteilen
Von admin | 26. Juni 2013 | Kategorie: Auswahl, Beobachten & Beurteilen, Beobachtungsprozess, Beurteilungsgespräche, Beurteilungssystem, für Ausbilder, für Ausbildungsbeauftragte | Keine Kommentare »Wenn ich in Seminaren frage, was den Ausbildungsbeauftragten am schwersten fällt, dann kommen wir früher oder später auf das Thema Beurteilungen. Wenn alles super läuft, sind Beurteilungen natürlich kein Problem. Aber wenn kritisches Feedback ansteht, wird es für viele schwierig.
Einfacher wird es mit Hintergrundwissen. Stellen Sie sich die Beurteilung als vertrauensvollen Dialog zwischen dem Azubi und einem erfahrenen, wohlwollenden, sensiblen Menschen vor (das sind Sie!). Das Gespräch soll dem Azubi etwas bringen. Man spricht von Feedback als Geschenk.
Das Wichtigste: Beurteilungen dienen nicht der reinen Notenvergabe.
Anders als Zeugnisse sind Beurteilungen ein Entwicklungsinstrument. Wir bewerten den Azubi nicht so „ganz allgemein“ sondern seine Entwicklung während des Einsatzes. Um dabei objektiv und fair vorzugehen, braucht es einen Dreierschritt:
- Wir setzen dem Azubi Ziele
- Wir geben (permanente) Rückmeldung und Verbesserungsvorschläge
- Wir bewerten die Zielerreichung
Äusserst praktisch daran: Der Einsatz erhält mit dem Beurteilungsprozess eine Struktur. Diese fügt sich aus drei intensiven Gesprächen zusammen. Jedes der Gespräche hat klar definierte Ziele. Man spricht auch vom 3-teiligen Feedback
1. Das Einführungsgespräch
- am ersten Tag, in der ersten Stunde
- alle Regeln und Erwartungen
- was wird wie von wem beurteilt?
- zur Halbzeit (und zwar wirklich)
- gegenseitig Wahrnehmung spiegeln
- was läuft gut, was könnte besser laufen?
- zum Ende des Einsatzes: wie ist es gelaufen?
- Lob nicht zur kurz kommen lassen
- Kritik klar und verträglich formulieren
Das 3-teilige Feedback bietet sich ab einer Einsatzdauer von 3 Wochen an. Bei kürzeren Einsätzen ist es übertrieben (dann ist m.E. aber auch eine Beurteilung übertrieben). Zu den Rahmenbedingungen lässt sich folgendes sagen:
- Für jedes Gespräch sollten Sie eine Stunde reservieren. Setzen Sie schon im Rahmen des Einführungsgesprächs die Termine für Zwischen- und Abschlussgespräch. So gehen Sie sicher, dass nichts dazwischen kommt.
- Führen Sie die Gespräche unter 4 Augen. Beurteilungen sind nichts, was zusammen mit Führungskraft, hauptamtlichem Ausbilder oder Kollegen durchgeführt werden sollte.
- Führen Sie die Gespräche ungestört. Also, Telefon aus und Bitte-nicht-stören-Schild an die Tür. Falls Sie kein eigenes Büro haben, können Sie vielleicht einen Konferenzraum buchen? Oder mit dem Azubi einen Spaziergang machen (wieso nicht?). Bei einem Kunden hörte ich neulich von einem Ausbildungsbeauftragten, der die Gespräche generell in einer „neutrale Zone“ stattfinden lässt. Es will quasi keinen Heimvorteil. Die Auszubildende, die davon berichtet, hat die Gesprächsatmosphäre als deutlich positiv wahrgenommen.